Eine Kündigung wegen Krankheit ist nicht rechtens, oder? Und eine Krankmeldung muss auch erst am 3. Tag vorgelegt werden, stimmt’s? Wer krank ist, muss im Bett bleiben, nicht?
Leider handelt es sich bei diesen Behauptungen um Mythen, die sich hartnäckig halten. Wir geben Antworten zu den wichtigsten arbeitsrechtlichen Fragen.
Darf man einem Mitarbeiter wegen Krankheit kündigen?
Auch wenn sich das Gerücht hartnäckig hält, lautet die Antwort ja, ja und nochmals ja. Das heißt aber nicht, dass der Arbeitnehmer bei Krankheit mit einer Kündigung zu rechnen hat. Eine solche Kündigung ist an bestimmten Bedingungen geknüpft:
Kündigung wegen Langzeiterkrankung
Ist der Arbeitnehmer länger als 8 Monate erkrankt, spricht man von einer langanhaltenden Erkrankung. Ist innerhalb der nächsten 24 Monate keine Besserung abzusehen, gilt der Arbeitnehmer als krankheitsbedingt arbeitsunfähig. Eine Kündigung ist in diesem Fall rechtens, da die betrieblichen Interessen eingeschränkt sind. Das geht aus dem Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG) hervor (29. 4. 1999 – 2 AZR 431/98).
„Die Ungewissheit der Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit steht einer krankheitsbedingten dauernden Leistungsunfähigkeit dann gleich, wenn in den nächsten 24 Monaten mit einer anderen Prognose nicht gerechnet werden kann.
Kündigung wegen Kurzeiterkrankungen
Kein Arbeitnehmer muss wegen einer kurzfristigen Erkrankung eine Kündigung befürchten. Es sei denn, die Krankmeldungen gehen über ein normales Maß hinaus. Was über ein „normales Maß“ hinaus geht, definiert der Gesetzgeber folgendermaßen (BAG 10. November 2005 – 2 AZR 44/05 ):
Soll die Fehlzeitenprognose auch mit der Krankheitsanfälligkeit des Arbeitsnehmers gestützt werden, verlangt das zunächst die gerichtliche Feststellung, dass sich die Anzahl der Krankheitsereignisse und deren Dauer signifikant über dem zu erwartenden Durchschnitt des Auftritts gleicher oder vergleichbarer Krankheiten bei anderen Beschäftigten bewegt.
Eine Kündigung seitens des Arbeitnehmers ist dann wirksam, wenn die folgenden Bedingungen zutreffen:
Wird der Arbeitnehmer wieder gesund?
Es muss absehbar sein, dass der Arbeitgeber wieder gesund wird. In diesem Fall spricht die Rechtsprechung über eine Negativprognose. Häufen sich die Erkrankungen, ist die Frage berechtigt, ob es nicht zukünftig auch zu Arbeitsausfällen kommt.
Schadet die Erkrankung dem Betrieb?
Hier bilden die Interessen des Arbeitgebers die zweite Bedingung, die eine Kündigung unter Umständen rechtfertigen. Wenn durch die Erkrankung des Arbeitnehmers die Produktivität des Betriebs sinkt, z.B. weil kein Ersatz da ist, ist eine Kündigung gerechtfertigt. Gerade kleinere Unternehmen stecken Arbeitsausfälle schlechter weg als größere. Aber: Der Arbeitgeber ist in der Beweispflicht. Schließlich kann eine schlechte Personalplanung der Grund für eine Produktivitätsminderung sein.
Kann der Erkrankte betrieblich eingegliedert werden?
Die betriebliche Eingliederung (§ 84 Abs. 2 SGB IX) ermöglicht dem Arbeitnehmer die Rückkehr an seinen Arbeitsplatz, wenn er länger als sechs Wochen krank war. Bietet der Arbeitgeber keine betriebliche Eingliederung an, so muss er den Kündigungsgrund im Sinne der Interessensabwägung beweisen.
Gibt es Möglichkeiten, die die Kündigung verhindern?
Bei einer Kündigung sind nicht die sozialen Faktoren des Arbeitgebers zu berücksichtigen. Dazu gehören z.B. Familienstand, Alter etc. Auch die Dauer der Betriebszugehörigkeit wird berücksichtigt. Der Arbeitgeber muss zudem prüfen, ob er den Arbeitnehmer nicht in einem anderen Betrieb einsetzen darf.
Muss die Krankmeldung erst am 3ten Tag eingereicht werden?
Bei vielen Arbeitgebern ist es gängige Praxis, dass die Krankmeldung am 3ten Tag vorliegen muss. Jedoch verlangen einige Arbeitgeber die Krankmeldung bereits am ersten Tag der Krankheit. Und das ist rechtens! Schöpft der Arbeitgeber Verdacht, dass sein Mitarbeiter krankfeiert, so kann er auch bereits ab dem ersten Tag die Krankmeldung einfordern. Wer unsicher ist, bis wann die Krankmeldung eingereicht werden muss, sollte in seinem Arbeitsvertrag nachschauen.
Gelten bei 450€ – Kräfte andere Regeln bezüglich der Krankmeldung?
Nein, Mini-Jobber müssen genau wie die Festangestellten auch eine Krankmeldung vorlegen.
Kann bei Mini-Jobbern der Arbeitgeber Minusstunden geltend machen?
Nein, der Arbeitgeber darf keine Minusstunden bei Mini-Jobbern geltend machen. Das bedeutet, dass der verlorene Arbeitstag nicht nachgearbeitet werden muss und der Mini-Jobber keine verkürzte Lohnzahlung erhält. Der Arbeitgeber muss bei Mini-Jobbern nur bis zum 42ten Krankentag zahlen. Danach springt aber die Krankenkasse nicht ein.
Müssen Kranke zuhause bleiben?
Brisantes Thema, mit der sich bereits das Gericht beschäftigt hat. Ob ein Kranker zuhause bleiben muss oder nicht, hängt in erster Linie mit der Art der Erkrankung ab. Wer wegen Rückenleiden krankgeschrieben ist und schwimmen geht, trägt maßgeblich zu seiner Genesung bei. Wer aber einen grippalen Infekt vortäuscht und Partybilder auf facebook hochlädt, sollte sich nicht wundern, wenn die fristlose Kündigung ins Haus flattert. Das heißt aber nicht, dass Krankgeschriebene ausschließlich das Bett hüten müssen und erst bei Dämmerung sich aus dem Haus wagen. Ein Einkauf, ein Arztbesuch oder ein Spaziergang sind durchaus drin.
Generell gilt, dass eine Kündigung wegen Krankheit durchaus möglich, aber an vielen Bedingungen geknüpft ist. Der Arbeitgeber ist in der Beweispflicht.